Trude Teige – Als Großmutter im Regen tanzte
Trude Teige – Als Großmutter im Regen tanzte

Trude Teige – Als Großmutter im Regen tanzte

Applaus des Regens

Content Warning/Inhaltswarnung: Häusliche Gewalt, Kriegsverbrechen, Vergewaltigung

„Eine starke Frau in dunklen Zeiten. Und eine junge Frau, die zurückschauen muss, um nach vorn blicken zu können.“ Dass Trude Teiges Roman Als Großmutter im Regen tanzte ein Bestseller aus Norwegen ist, verrät der Sticker auf dem stimmungsvollen Cover sowie der Inhaltstext auf dem Schutzumschlag. Eben jener ansprechende Text verweist auf die Geschichte dreier Generationen, welche in zwei Zeitsträngen erzählt wird, in der Liebe, ein tragisches Geheimnis der Nachkriegszeit in der deutsch-norwegischen Geschichte sowie die Konsequenzen dessen zentrale Handlungspunkte sind.

„Der Regen ist der Applaus des Lebens, hatte meine Großmutter immer gesagt.“

Junis Handlungsstrang spielt in der Gegenwart. Sie ist schwanger und flieht vor ihrem Ehemann auf die kleine norwegische Insel, auf der sie Jahre ihrer Kindheit verbracht hat. Als sie im Zwiespalt steht, ob sie ihr Kind überhaupt behalten soll, entdeckt sie im Haus ihrer Großeltern Fotos der Vergangenheit. Was verbindet ihre Großmutter Tekla mit einem deutschen Soldaten? Sie möchte mehr über ihre eigene Vergangenheit erfahren, da ihre eigene Mutter Lilla nichts über ihren Vater verraten hat und die Beziehung zwischen Mutter und Großmutter durch etwas Unausgesprochenes belastet war. Dafür reist sie mit Georg nach Demmin, eine kleine Stadt im Osten Deutschlands, erhält Infos zu genauen Taten und Umständen der Nachkriegsjahre des zweiten Weltkriegs und entdeckt die unausgesprochenen Geheimnisse ihrer Familie.

„Herzversagen, konstatierte der Arzt.
Gebrochenes Herz, dachte ich.“

Teklas Handlungsstrang ist der Vergangenheit verschrieben. Als Norwegerin verliebt sie sich in den deutschen Soldaten Otto und folgt ihm nach Deutschland, ohne zu wissen, was dort auf sie wartet. Als „Deutschenmädchen“ angefeindet, verlässt sie ihre Heimat, verliert ihre Staatsbürgerschaft und erlebt eine Reise, die sie für immer zeichnet. Zerbombte Städte, Aufenthalte in Lagern, Nachkriegsbedingungen und Tod erwarten das junge Paar in Deutschland. Die Heimatstadt Ottos steht unter russischer Besatzung, wobei Elend, Leid, Kriegstrauma und Vergewaltigungen allgegenwärtig sind.

„Man muss ein Stück weit zurückschauen, um zu wissen, wer man ist und woher man kommt. Erst dann lernt man wirklich zu manövrieren.“

Als Großmutter im Regen tanzte zeigt eine eindrucksvolle, bewegende und feinfühlige Kombination aus Liebe und Historie, die nicht zu tief in den Liebeshandlungen versinkt. Teklas Sicht gibt die tatsächlichen Abläufe wieder, wobei Juni diese durch Recherche und Überlieferungsmaterial entdeckt und die Leser*innen somit an manchen Stellen schlauer vorausschauend sind als die in der Vergangenheit feststeckende Protagonistin. Kurze Sätze kurbeln die Lesegeschwindigkeit an, sodass die Möglichkeit, den Roman in einem Rutsch zu lesen, definitiv besteht. Das Ende ist recht ereilt, wobei Juni mehr Frieden zu sich selbst und zu ihrer Familie findet, indem das Verständnis für ihre Großmutter und Mutter wächst. Die Lesenden bleiben mit tiefgründigen Worten, zermürbenden Einblicken der Nachkriegszeit und schwerfälliger Wehmut zurück.

Im Brief und Dank der Autorin weist diese auf die der Fantasie entsprungenen Charaktere hin. „Das Buch ist allerdings inspiriert von gelebten Leben und tatsächlichen Geschehnissen im und nach dem Krieg – sowohl in Norwegen als auch in Deutschland.“ Für die Recherchearbeiten ist Trude Teige selbst nach Deutschland in die im Roman genannten Städte gereist.

von Paula Heidenfelder

Cover vom Roman Als Großmutter im Regen tanzte von Trude Teige

Trude Teige
Als Großmutter im Regen tanzte
Aus dem Norwegischen von Günther Frauenlob
S. Fischer 2023
384 Seiten
22,00 Euro

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